Markant ragt der mit Emailleziegeln gedeckte Turm der Evangelischen Kirche über die Dächer der Gemeinde Winterlingen. Bis zur Reformationszeit gehörte der Ort zur Pfarrei Ebingen. Um 1300 gab es schon eine der HI. Gertrud d.Gr. geweihte Kapelle.

 

 

Kirche Winterlingen1

Das Kirchenschiff ist ursprünglich ein einfacher, 1939 durchgreifend veränderter Saalbau auf rechteckigem Grundriss. Aus dem 14. Jh. ist ein vom Schiff zum Turm führendes Portal erhalten. Der auffällige Turm ist noch deutlich als ursprüngliche Wehranlage zu erkennen.

Der Gebäudeinnenraum wurde 1974-1976 um das nördliche Seitenschiff erweitert. Die Seitenemporen verschwanden und die zuerst an der Westseite auf der Empore platzierte Orgel kam an die innere Ostwand des Neuanbaus.

Die hölzerne Felddecke enthält zwei Teilstücke der früheren Ausstattung. Sie zeigen den auferstandenen Christus (Mt 28 par.) und die apokalyptische Szene von der Frau mit dem Kind (Apk 12). Die Emporenbilder mit den Abbildungen der zwölf Apostel, um den Herrn in der Mitte gruppiert, stammen aus dem 18. Jh. Im Chorraum dominiert das Buntglasfenster von Walter Kohler, Stuttgart, aus dem Jahr 1938. Der ursprüngliche Altarkruzifixus befindet sich an der Südseite zwischen Kanzel und Schiff. Von den vier Glocken stammt die Vater unser-Glocke aus dem 17. Jh. Sie trägt die Aufschrift: „Hans Conrad Flach von Schaffhausen gos mich anno 1650" und ist reich verziert. Auf dem Taufglöckchen stehen die Worte Jesu: "Lasst die Kinder zu mir kommen" und auf der Betglocke ist zu lesen: „0 Land, Land, höre des Herrn Wort." Die große Auferstehungsglocke ist mit den Worten des Apostels Paulus aus Röm. 14 beschrieben: „Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn."

 

Das Buntglasfenster im Chorraum

In Kirchen fallen den meisten Besuchern zuerst die bunten Fenster auf. Diese Fenster hatten ursprünglich ab dem Mittelalter die Funktion, den meist analphabetischen Gemeindemitgliedern die wichtigsten Inhalte der Bibel sozusagen vor Augen zu malen. Erst durch die Erfindung des Buchdrucks und die Bibelübersetzung von Martin Luther konnten mehr Menschen als die Geistlichen und Adligen lesen lernen und die Fenster dienten nun nicht mehr primär als bildhafte Bibel der breiten Masse.  kirchf-1

In unserer Kirche ist dieses Fenster erst im Jahr 1938 von Walter Kohler aus Stuttgart erstellt. Es ist im hinteren Teil des Chorraumes und damit im direkten Blickfeld der Gemeinde und Besucher. Die Fünf großen Bilder zeigen einige zentralen Themen der Evangelien. An deren Ecken sind kleiner die Schreiber Matthäus, Markus, Lukas und Johannes in Form ihrer Symbole abgebildet.

Im unteren Bild sehen wir die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem. Im Vordergrund sitzt Maria mit Jesus auf dem Arm, daneben steht Josef. Im Hintergrund beobachten Ochse und Esel das Geschehen. Am rechten Bildrand erscheint der Stern, der den Weisen den Weg weist.

Zum nächsten Bild links gibt es einen zeitlichen Sprung. Jesus ist erwachsen. Wir sehen ihn im Jordan stehen, wie er von  Johannes getauft wird. Nach der Taufe beginnt die Wirkungszeit Jesus.

Das Bild rechts zeigt den knienden Jesus im Vordergrund, wie er im Garten Gethsemane kurz vor seiner Gefangennahme betet. Rechts im Hintergrund sehen wir die schlafenden Jünger Petrus, Jakobus und Johannes, die Jesus von den Jüngern mit sich genommen hat, damit sie mit ihm beten. Der Engel, der Jesus nach dem Evangelisten Lukas eine Stärkung reicht, wurde von Kohler mit einem Kelch in der Hand in der linken oberen Ecke platziert.

Das mittlere Bild zeigt die Kreuzigung von Jesus als zentrales Thema der Evangelien und der ganzen Heilsgeschichte Gottes. In der Mitte hängt der Heiland am Kreuz. Über ihm die Platte mit der Innschrift „INRI“, die Pilatus anbringen ließ als lateinische Abkürzung von „Jesus von Nazareth, König der Juden“. Links steht trauernd Maria, die Mutter von Jesus. Tröstend neben ihr der Jünger Johannes, den Jesus nach dem Evangelium von Johannes noch Maria als neuen Sohn benennt und Maria der Fürsorge Johannes anvertraut. Rechts stehen zwei weitere Männer. Möglicherweise handelt es sich hierbei um weitere Nachfolger Jesu, eventuell auch Josef von Arimathäa, der Jesus in sein Grab bringt.

Doch Jesus blieb nicht im Grab, er ist auferstanden. Das stellt das obere Bild dar. Im Vordergrund steht der Auferstandene mit den Nägelmalen. Er hält die Siegesfahne in der Hand als Symbol seines Sieges über den Tod. Im Hintergrund links kniet abgewandt ein Mann. Vermutlich ist es Petrus, der nach dem Bericht der Frauen vom leeren Grab dorthin eilt, um sich selbst zu überzeugen, dass Jesus nicht mehr dort ist. Links von Jesus sehen wir einen Engel, der den Grabstein, den er entfernt hat, hält.

So haben wir beim Kirchenbesuch immer die wichtigsten Aussagen der Evangelien und somit die Grundlagen unseres Glaubens vor Augen.